In den vergangenen Jahren hat sich die Tansania-AG intensiv mit dem Thema Kolonialismus auseinandergesetzt. Während des diesjährigen Austauschs in das ostafrikanische Land begaben sich die Schüler*innen auf historische Spurensuche in die koloniale Vergangenheit.

Architektur der Kaiserzeit: Der Bahnhof Moshi

In der Zeit zwischen 1885 bis 1918 gehörte das heutige Tansania zur deutschen Kolonie Deutsch-Ostafrika. Relikte aus dieser Zeit sind bis heute erhalten geblieben, so auch der Bahnhof der Stadt Moshi, welcher im sogenannten maurisch-wilhelminischen Stil errichtet wurde. Zur Kolonialzeit kam dem Kopfbahnhof eine große Bedeutung als Umschlagplatz für den Kaffeeexport zu. Nach Jahrzehnten des Stilstands wird der Bahnhof seit dem Jahr 2019 wieder genutzt, allerdings vornehmlich für den Personenverkehr in Richtung Ostküste bis in die Hafenstadt Tanga.

Auf ihrer kolonialen Spurensuche während des diesjährigen Tansaniaaustauschs machten die Schüler*innen der HLS am Bahnhof spannende Entdeckungen: An den meisten der um 1900 verbauten Gleise sind noch heute die Namen jener deutschen Stahlgießereien erkennbar, in denen die Schienenwege einst gegossen wurden. Firmennamen wie KRUPP, Hoesch oder R.S.W. (Rheinische Stahlwerke) machten deutlich, dass die Schienen vor über 100 Jahren auf dem Schiffsweg nach Deutsch-Ostafrika transportiert worden sind. Offensichtlich war die Kolonie ein wichtiger Absatzmarkt für die deutsche Stahlindustrie im Ruhrgebiet.

Orte des Erinnerns: Garnison Moshi und Mangi-Meli-Museum

Auf weitere Spuren der Vergangenheit stießen die HLS-Schüler*innen nahe der ehemaligen „Garnison Moshi“, in welcher zur Kolonialzeit deutsche Soldaten – sogenannte ‚Schutztruppen‘ – sowie die Kolonialadministration untergebracht waren. Bis heute erhalten geblieben sind neben dem Garnisonsgebäude auch Überreste einer kleinen Kirche mit angrenzendem Friedhof, Schlafbaracken sowie ein Swimmingpool für die deutschen Soldaten.

Wenige Kilometer von diesem historischen Ort entfernt, befindet sich ein weiterer bedeutender Erinnerungsort, den die Schülergruppe aus Hannover gemeinsam mit ihren tansanischen Partnerschülern besuchten. Ein kleines Museum erinnert mit Fotografien, Informationstexten und einer Videoinstallation an die Geschichte des Widerstandkämpfers Mangi Meli. Der Fürst des Volkes der Chagga widersetzte sich gegen die Fremdherrschaft der deutschen Besatzungstruppen und wurde schließlich im Jahre 1900 von den Kolonialisten gehängt. In einem Interview mit Melis Enkel, Isaia Meli, erhielten die Schüler*innen einen bewegenden Einblick in den Freiheitskampf des tansanischen Volkes.

Mithilfe der im Gespräch gewonnenen Informationen führten die Schüler*innen anschließend ein Umfrageprojekt an der „Msitu Wa Tembo Sencondary School“ durch, welches beim anstehenden Besuch der tansanischen Schüler*innen im kommenden Sommer 2023 fortgesetzt werden soll.

Weitere Informationen zur Schulpartnerschaft der Helene-Lange-Schule mit der Msitu wa Tembo Secondary School in Langasani (Region Kilimanjaro, Tansania).