Im Kerncurriculum Kunst der Jahrgänge 5-10 ist der Kerninhalt „Bild des Raumes“, genauer „Gebauter Raum“ verbindlich vorgegeben. Neben „Baumhäusern“, Tiny Houses“ oder „Modulares Wohnen“ haben wir an unserer Schule schon etliches mit den Schüler*innen erprobt. Aber auch wir Lehrer*innen dürsten nach neuen Ideen. So lag es nahe, das durch die Lavesstiftung geförderte Programm „Architektur macht Schule“ einmal auszuprobieren und mit einem „echten „Architekten zusammen ein schulisches Projekt durchzuführen. Prof. Ekkehard Bollmann, der lange Jahre das Fachgebiet „Städtebau und Entwerfen“ an verschiedenen Hochschulen weltweit lehrte, war schnell bereit, das Projekt in einer 9. Klasse zu begleiten.

In einem einführenden Vortrag legte Herr Bollmann den Schüler*innen das konkrete Problem dar. Es ging darum, auf Borneo, einer Insel im östlichen Hafengebiet Amsterdams, auf der es etliche, gestalterisch sehr verschiedene Reihenhäuser gab, eine Baulücke zu füllen. Er zeigte uns die Struktur und Entwicklung der Stadt Amsterdam in etlichen Fotografien und auch Stadtansichten auf und so konnten wir uns gut vorstellen, in welcher Umgebung das Gebäude entstehen sollte. Es galt, eine nach Norden zeigende Straßenseite und eine nach Süden zeigende Fassadenseite zum Wasser hin zu gestalten und die große Tiefe des Gebäudes mittels offener Grundrisse großräumig zu gestalten. Inmitten eines der uns gezeigten Gebäude befand sich beispielsweise ein Baum. So nahmen wir dies zum Anlass, die Aufgabe zu konkretisieren.

„Gestalte maßstabsgerecht ein Reihenhaus mit einem besonderen „Highlight“ im Inneren unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten.“

Die Schüler*innen konnten in Zweierteams arbeiten. Was das „Besondere“ sein konnte, haben die Teams auf verschiedene Art gelöst. Einige haben riesige, etagenübergreifende Aquarien geplant, andere Säulen eingebaut, andere Teams wiederum bauten Wendeltreppen, Kletterwände, Rutschen, Feuerwehrstangen oder eine Skaterbahn oben auf dem Flachdach. Eine Gruppe hatte die Idee, das Wasser auf dem Dach innerhalb des Gebäudes nach unten zu leiten, sodass bei Regen eine Art Wasserfall entstehen konnte. Besonders originell was eine Empore, von der man in die untere Etage in eine Art Schwimmbecken springen konnte. Nach einem Exkurs zur Grundrisszeichnung und zu offenen Grundrissen planten die Schüler*innen zunächst in Grundrissskizzen das Innenleben auf zwei Etagen. Wichtig war dem Architekten, dass die Fassade und der Innenraum nicht voneinander losgelöst zu gestalten waren. Hier gab es eine Vorlage für die Aufrisszeichnungen der beiden Fassadenseiten. So hatten die Fassaden zur Südseite zumeist große Fenster. Teils wurden nach innen gehende Terrassen, Loggien oder auskragende Balkone angebaut. Als Material nutzen wir Styroporplatten (die sauberer zu schneiden waren) sowie Kappaplatten (die mit der Schneidemaschine allerdings nur unzufriedenstellend geschnitten werden konnten). Dünnere Kappaplatten wären besser gewesen. Beim Styropor gab es das Problem, dass es mit der Heißklebepistole schmolz. Gut war die Idee, während der Umsetzung die einzelnen Wände und Fassaden mit Stecknadeln zu verbinden, um so flexibel auf den „Baufortschritt“ zu reagieren und notfalls auf einfache Weise etwas ändern zu können.

Architekturprojekt I (c) Foto: A. Frauendorf

Im zweiten Schritt sollten die Schüler*innen die Inneneinrichtung mitdenken und während der Architekturcorpus einem „White Cube“ ähnelte, konnten sie ihre Materialideen hier wunderbar umsetzen. Sie sollten hier Schwerpunkte setzen, ein Farbkonzept entwickeln und überlegen, mit welchen Materialien sie die Möbel umsetzen wollten. Hier waren sie erstaunlich erfindungsreich, was die Ergebnisse zeigen. Selbst eine Stehlampe durfte nicht fehlen, um die Noten am Flügel des Musikzimmers zu beleuchten. Auch hier hat die Idee des „besonderen Highlights“ Früchte getragen, denn abgesehen von den beliebten Whirlpools und Badezimmern, fanden Hobbys ihren Widerhall in einem Sportzimmer, einem Atelier oder in Musikzimmern. Hier konnten die Schüler*innen zeigen, was „Wohnen“ für sie bedeutet und was ihnen hier wichtig war. Probleme hatten die Schüler*innen allerdings mit dem Maßstab. Hierzu hatte Herr Bollmann eine sinnvolle Hilfe angeboten. Er brachte ein kleines selbstgezeichnetes Männchen mit, was im Verhältnis zum Haus maßstabsgerecht groß war. Dieses konnte man aufstellen, sodass die Verhältnismäßigkeit zwischen Raum und Person sehr schön deutlich wurden. Nun konnte man leicht die Größe z.B. der Türen, der Betten und sonstiger Einrichtungsgegenstände anpassen.

Architekturprojekt II (c) Foto: A. Frauendorf

Abschließend fotografierten die Schüler*innen ihr Haus und erstellten eine Keynote-Präsentation, anhand derer sie die Klasse durch ihr Haus visuell „führen“ konnten und auch die kleinen Dinge zeigen konnten, was sonst nur schwer möglich gewesen wäre. Sie erklärten ihr Konzept, ihre Überlegungen zur Fassade (Wasserseite/Straßenseite) und ihre Raumaufteilung und erläuterten das besondere „Highlight“.

Ganz KC-konform planten und visualisierten die Schülergruppen also Architektur, nutzen architekturbezogene Darstellungsverfahren und erstellten Arbeitsmodelle.